Das Märchen von der Recyclingquote und wie wir diese in 6 Schritten erhöhen können!

Wie oft haben wir es schon gehört: Deutschland ist Recyclingweltmeister [1]! Deutschland hat europaweit den größten Anteil an recyceltem Abfall [2]! Sagenhafte 58,5 % unseres Mülls werden wiederverwertet [3]!

Doch was steckt eigentlich dahinter? Wenn man mal genauer hinschaut, sehen die Zahlen nämlich ganz anders aus. Als Wissenschaftlerin kenne ich die Tricks zur Genüge: Traue keiner Statistik, die du nicht selber gefälscht hast. 5 Euro fürs Phrasenschwein, jetzt zu den Fakten:

Die Recyclinglüge von der Rekord-Recyclingquote in Deutschland
Photo by Jasmin Sessler on Unsplash

In Deutschland wird zur Recyclingquote all das dazugezählt, was einem als Verwertung anerkanntem Verfahren zugeführt wird [3,4]. Man nutzt also eine Inputberechnung [3], anstatt sich den wirklich wieder nutzbaren Output anzusehen. Das schließt also insbesondere auch die Müllverbrennung in die Recyclingquote mit ein, die sich im Beamtendeutsch dann “Energetische Verwertung” nennt. Es ist also im Rahmen der Recyclingquote egal, wie viel des Abfalls später wieder als Sekundärrohstoff zur Verfügung steht und genutzt wird. Was für die Statistik zählt, ist der Anteil des Mülls, der bei einem Recyclingunternehmen angeliefert wird [6] – nicht der, der hinten nutzbar wieder rauskommt!

Diese Diskrepanz wird aber immerhin mittlerweile angegangen und so arbeitet die Europäische Union an Vorschriften, die sich in Zukunft am Output des Recyclingkreislaufes orientieren [3]. Erst dann wird die Recyclingquote messbar und aussagekräftig und wohl auch erst dann können wir erwarten, dass unsere Recyclingquoten zu höherer Wiedernutzung der wertvollen Rohstoffe führen werden.

Wenn man sich die heutigen Quoten genauer anschaut, ist es ernüchternd: Effektiv als Wertstoff wieder einer Verwertung zugeführt wurde z.B. in Deutschland gerade mal 15,6 % des in Privathaushalten angefallenen Kunststoffabfalls in 2017 [7]. Dabei ist gerade Kunststoff so ein wertvoller Rohstoff, für dessen Produktion erhebliche Mengen an Treibhausgasen ausgestoßen werden und dessen Verbrennung besonders viele freisetzt [7].

Wie viel vom deutschen Plastikmüll wirklich als Rezyklat wieder genutzt wird, zeigt diese Grafik. Gerade mal 15,6% werden durch Recycling wirklich wieder genutzt.
Grafik: PLASTIKATLAS | Appenzeller/Hecher/Sack, CC BY 4.0

Gerade bei Konsumentenabfällen, also unser aller Hausmüll, ist die echte Recyclingquote so niedrig. Das hat aber weniger mit böser Absicht von faulen Recyclingunternehmern zu tun, sondern viel mehr mit der technischen Komplexität: Bei diesen sog. Post-Consumer-Abfällen liegt die Recyclingquote sogar nur bei rund 35 %, während die stoffliche Verwertung bei Produktions- und Verarbeitungsabfällen 71 bis 90 % erreicht [4]. Grund dafür ist Vielfalt unseres Hausmülls im Vergleich zu dem eher sortenreinen Produktionsabfall, der sich wesentlich einfacher sortieren und wieder nutzen lässt. Je sauberer und besser sortiert der Müll, umso besser lässt er sich zu Rezyklat verarbeiten und wieder nutzen.

Gerade in der Sortierung und Aufbereitung unseres Hausmülls liegt also das größte Potential, die echte Wiederverwertung der Materialien zu begünstigen. Und hier kann jeder von uns helfen! Automatische Sortieranlagen haben gerade bei schlecht getrenntem Müll ihre Schwierigkeiten, sodass Stoffe oft nur wegen schlechter Vorbereitung verbrannt werden müssen, statt wieder genutzt werden zu können. Je einfacher wir es den Recyclingunternehmen machen, umso besser wird die Rohstoffnutzung. Davon profitieren wir alle! Und die folgenden Tipps zeigen, dass das gar nicht viel Auswand ist. Und keine Sorge, niemand muss Joghurtbecher spülen, das ist völlig unnötig [8]!

6 Schritte, wie jeder von uns helfen kann, die Recyclingquote zu heben:

  1. Trenne verbundene Materialien voneinander, bevor du sie in dem gelben Sack wirfst. Der Joghurtdeckel aus Alu muss vollständig vom Plastikbecher entfernt sein, damit beide Stoffe wieder genutzt werden können. Ist er das nicht, ist Recycling nicht möglich, da das Trennen technisch viel zu aufwändig ist. Gleiches gilt für alle Verpackungen, bei denen Materialien gemixt sind!
  2. Werfe alles lose (nicht ineinander gestapelt) in den Müll! Ansonsten wird es schwieriger, die verschiedenen Materialien zu trennen. Der Grundsatz lautet: So einzeln, wie nur möglich!
  3. Entferne alle Deckel, Banderolen und Korken! Wann immer unterschiedliche Materialien verbunden sind, sollten wir sie so gut wie möglich voneinander lösen.
  4. Sammle den Biomüll separat. Ja, der ist eklig, besonders im Sommer. Aber der Biomüll ist ein solch wichtiger Energielieferant für Biogasanlagen, und selbst danach wird er noch als Dünger genutzt. Besser kann Recycling kaum laufen, aber dafür müssen wir es auch ermöglichen!
  5. Nutze Recyclingtonnen für Altpapier, Altglas und Kleider. Aber halte dich hier an das, was wirklich reingehört! Meist befinden sich diese eh auf dem Weg zum Supermarkt. Bei Glas macht die Farbsortierung das Recycling einfacher und erhöht den Wert des dabei entstehenden Wertstoffes.
  6. Denke daran, Sondermüll separat zu entsorgen! Gerade Elektroschrott, Batterien und Sperrmüll sollten dem richtigen Müll zugeführt werden, enthalten sie doch oft besonders wertvolle Materialien.

Der wohl einfachste und wichtigste Grundsatz ist und bleibt natürlich, dass wir Müll möglichst vermeiden müssen. Das hat natürlich den größten Effekt auf die Umwelt. Aber wenn wir alle diese Tipps einhalten und so den Hausmüll langfristig besser rezyklierbar machen, bringt das uns und die Umwelt auch einen ganz gravierenden Schritt voran!

References:
[1] https://www.dw.com/de/recycling-weltmeister-deutschland/a-18668262
[2] https://de.statista.com/themen/1549/recycling/
[3] https://www.bmu.de/meldung/das-bmu-klaert-auf-zum-thema-plastikrecycling/
[4] https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-Studien-und-Materialien/SuM-Recycling-in-Deutschland-Wuppertal-Institut-Januar-2015.pdf
[5] Grafik: PLASTIKATLAS | Appenzeller/Hecher/Sack, CC BY 4.0
[6] https://www.boell.de/de/2019/05/27/abfallentsorgung-hinter-den-kulissen-der-ungeloesten-plastikkrise
[7] https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/chemie/chemie_plastikatlas_2019.pdf
[8] https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2018-08/abfallentsorgung-muell-mythen-plastik-recycling-wegwerfen-muelltonne-irrtuemer

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