Der Ruhepuls stellt ein Maß für die körperliche Verfassung dar. Man schreibt einem niedrigen Ruhepuls eine erhöhte Lebenserwartung [1] zu, da das Herz geschont wird. Das Herz ist ein Muskel – dieser kann wie jeder andere auch trainiert werden. Intensives Training ist gut, da es den Herzmuskel leistungsfähig hält, aber ein niedriger Puls in Ruhe schont das Herz zwischendrin.
Bei sportlichen, jungen Menschen liegt der Ruhepuls oft unter 60 Schlägen pro Minute, bei unsportlichen häufig höher. Akute Beeinflussungen wie Krankheit, Stress und Kaffee können ihn kurzzeitig erhöhen, sodass er ein guter Richtwert zur Einschätzung der aktuellen Situation darstellt. Langfristig betrachtet stellt er einen Richtwert zur Einschätzung der Gesamtverfassung dar: Fitness und Gewichtabnahme senken den Ruhepuls merkbar und neben den anderen, guten Effekten dieser Maßnahmen verlängert man so vielleicht sogar sein Leben.
Unbeabsichtigt habe ich in den letzten Monaten das Gegenexperiment am eigenen Körper erlebt, und meine dabei ermittelten Daten möchte ich gerne mit euch teilen. Die folgenden Ruhepulsdaten wurden mit einer Garmin Vivosmart HR+ ermittelt, die ich tagsüber und im Schlaf trage und die diesen Wert aus den Pulsdaten im Schlaf errechnet, und jeweils über den ganzen Monat gemittelt. Die Trainingskilometer wurden mit meiner Garmin Forerunner 220 aufgenommen. Und nein, ich wurde nicht für Werbung bezahlt, bin aber schon lange großer Fan der Produkte.

Sport senkt den Ruhepuls…
Mein Sport ist das Laufen. Im Schnitt laufe ich etwa 3 Mal die Woche, relativ unabhängig von Wind und Wetter. Ich laufe primär zum Spass und für die positiven Effekte, die mein Sport auf mich hat. In den letzten Jahren habe ich auch an ein paar Halbmarathon-Volksläufen teilgenommen, gehöre aber wegen der fehlenden Ernsthaftigkeit meines Trainings eher zu den langsamen Breitensportlern.
Im Jahresverlauf meiner Trainingskilometer zeigt sich die Hitze dieses Sommers: Zum Jahresanfang habe ich erst meine Kilometer wesentlich erhöht, bis ich im Mai auf einem ganz guten Trainings- und Fitnessniveau lag. Die Steigerung meiner Kilometer sind auch in den Daten meines Ruhepulses zu sehen, der im Mai aufgrund des intensiveren Trainings deutlich herunterging:
Danach wurde es allerdings ziemlich warm, wodurch ich weniger laufen konnte und mich über die folgenden Sommermonate nur allmählich an Sport bei der Hitze gewöhnen konnte. Mein Ruhepuls (RHR für Resting heart rate) hat prompt reagiert und ging im Juni wieder hoch, mit steigender Trainingsfrequenz im Sommer dann aber wieder leicht runter.
… und kein Sport erhöht ihn
Anfang September habe ich mir dann aber bei einer dummen Bewegung das Knie verletzt, wodurch meine Lauffrequenz direkt von 3 Mal die Woche auf 0 gesunken ist. Anfangs konnte ich kaum gehen. Da ich mich für andere Sportarten so gut wie gar nicht begeistern kann, habe ich mich folglich zunächst kaum bewegt. Erst im Dezember konnte ich langsam wieder mit ersten Laufversuchen beginnen, sodass ich insgesamt also eine etwa 3-monatige, ungeplante Pause eingelegt habe.
Der Effekt dieser Zwangspause ist in meinen Ruhepulsdaten deutlich ersichtlich: Während mein Ruhepuls im September erst sein Minimum erreicht hatte, da ich mein Training bis dahin intensiviert hatte und mich auch topfit fühlte, stieg er mit dem Totalwegfall meines Sports danach wieder Stück für Stück an.

Mein Fazit aus diesem Jahr
Zwar beeinflusst der gesamte Lebenswandel den Ruhepuls und darunter Ernährung, Gewicht und eben die Fitness. Da ich letzten Jahr kaum gravierende Änderungen an meinem Lebenswandel hinsichtlich anderer Faktoren abgesehen von der variablen sportlichen Aktivität erlebt habe, mache ich diese für den sichtbaren Verlauf meines Ruhepulses verantwortlich. Das passt auch gut zu zahlreichen wissenschaftlichen Studien, die genau diesen Zusammenhang von (insbesondere Ausdauer-) Sport und der Senkung des Ruhepulses zeigen [2].
Als leidenschaftliche Biohackerin beobachte ich dies mit einer großen Faszination: So deutlich und schnell habe ich die Veränderungen im Ruhepuls nicht erwartet. Ganz ausschließen kann ich andere Einflüsse natürlich auch nicht. Aber ich habe die Veränderungen nicht nur in den Daten gesehen, sondern auch gespürt: Gerade während meiner Zwangspause vom Laufen konnte ich merken, wie ich merklich den Bewegungsdrang verlor, der mich sonst immer begleitet hatte. Ich dachte, er ist ein Teil von mir, und habe den Verlust nicht für möglich gehalten! Und jetzt, wo ich langsam wieder anfange mit dem Training, kehrt der Bewegungsdrang auch nur schwerfällig zurück. Auch war ich weniger ausgeglichen, anfälliger für Stress und insgesamt unzufriedener. Da ich die positiven Effekte des Sports sehr schätze, ziehe ich nun alle Register, um wieder in Bewegung zu kommen und es dann auch wieder zu bleiben – bis zur nächsten Zwangspause!
References:
[1] https://www.big-direkt.de/de/ratgeber/erkrankungbehandlung/gut-zu-wissen/pulsschlag.html
[2] https://dx.doi.org/10.3390%2Fjcm7120503