4 Gründe, warum Social Distancing unsere beste Chance gegen das COVID-19 Coronavirus ist

Es sind seltsame Zeiten. Das Coronavirus, das die Lungenkrankheit COVID-19 auslöst, hat unser Leben hier in Europa fest im Griff. Auch in Amerika verbreitet es sich stark. Unser normaler Alltag existiert nicht mehr: Öffentliche Orte sind gesperrt, Ausgangssperren sind an der Tagesordnung. Das aufgezwungene oder freiwillige Social Distancing soll uns vor der weiteren Ausbreitung des Virus schützen: Doch wie funktioniert das? Hier sind 4 Gründe, warum Social Distancing gerade jetzt wichtig ist:

Grund 1: Wir müssen die Kurve abflachen

Die Visualisierungen zu #FlattenTheCurve sind überall im Netz oder den Nachrichten zu sehen: Sie zeigen die Anzahl an Infektionen im Vergleich zur Kapazität des Gesundheitssystems. Die Idee von Flatten The Curve ist es, die Anzahl gleichzeitig Infizierter möglichst gering zu halten, da man diese sonst nicht alle zeitgleich behandeln kann. Wenn das nicht mehr möglich ist, haben die Infizierten wesentlich schlechtere Heilungschancen. Umso mehr werden dann nicht überleben.

In den Berichten aus Italien sieht man, wie es aussieht, wenn es mehr Kranke gibt als man behandeln kann: Die Mediziner arbeiten bis zur Erschöpfung und haben doch keine Chance, allen zu helfen. Wenn wir uns die Anzahl Infizierter gegen die Anzahl an Krankenhausbetten auf Intensivstationen ansehen, wird deutlich, was gerade in Italien passiert (Daten aus [1] und [2]):

Die Anzahl an Betten auf der Intensivstation ist um einiges geringer als die Anzahl infizierter Personen. Natürlich brauchen diese nicht alle intensive Betreuung: Aus dem Verlauf der Krankheit in China wissen wir, dass die Krankheit in 81 % aller Fälle mild verläuft [3], also für 4 von 5 Infizierten. Die verbleibenden 19 % benötigen allerdings unbedingt intensive medizinische Betreuung, um bessere Überlebenschancen zu haben. Momentan sind in Italien mehr als 6 mal so viele Menschen infiziert als es Betten auf Intensivstationen gibt – das heißt, dass es auch wesentlich mehr schwere Verläufe der Krankheit gibt als die Krankenhauskapazität versorgen kann.

In Deutschland haben wir eine bessere Ausgangssituation: Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern haben wir am meisten Betten auf Intensivstationen pro Einwohner [1]. Da die Krankheit sich hier auch etwas später ausgebreitet hat, sind wir in der Kurve etwas weiter hinten (Daten aus [2] und [4]):

Da wir in der Kurve erst am Anfang stehen und dadurch eine gute medizinische Versorgung noch gewährleisten können, ist auch die Sterberate in Deutschland gerade noch extrem gering:

Im Vergleich sieht es in Italien erheblich schlimmer aus, da hier die Kurve nicht genug abgeflacht wurde.

Auch wenn es in Deutschland also derzeit noch unkritisch wirkt, sehen wir zur Zeit einen deutlichen exponentiellen Anstieg an Betroffenen: Die Steigung der Kurve ist beängstigend hoch. Wenn wir die Ausbreitung nicht eindämmen, werden wir in die gleiche Situation wie Italien kommen, nur etwas später. Die Kurve sah für Italien vor ein paar Tagen noch genauso aus, wie die für Deutschland jetzt aussieht – nur ein wenig zeitversetzt. Deswegen brauchen wir Social Distancing, und zwar genau jetzt!

Grund 2: Wir brauchen Zeit, um eine Behandlungsmethode zu finden

Das SARS-CoV- 2 Virus, welches diese COVID-19 Lungenkrankheit auslöst, ist eine neue Variante eines bekannten Virusstamms der Coronaviren, die Atemwegsinfektionen in Menschen auslösen. Andere Mitglieder dieser Virusfamilie sind das Virus, welches die SARS-Pandemie in 2002-2003 ausgelöst hat, sowie die bekannten Erkältungsviren, die uns immer wieder begegnen.

Da diese Variante neu ist, gibt es bisher kein Mittel genau dagehen [5]. Das einzige, was die Krankenhäuser und Ärzte momentan machen können, ist die Behandlung der Symptome und Behandlung von anderen Krankheiten und Begleiterscheinungen, die mit der Krankheit einhergehen. In vielen Fällen heißt das also Schmerzmittel, Ruhe und Beatmung [6]. Es gibt die ersten Versuche mit antiviralen Medikamenten gegen das Virus selbst vorzugehen [7], aber bisher fehlt es an Daten und Studien, die eine Wirksamkeit nachweisen. Aufgrund der medizinischen Regulatorien ist es auch nicht möglich, einfach alles zu testen: Oft bringen Medikamente Nebenwirkungen mit sich, die dem Patienten auch gefährlich werden können.

Mit der Zeit werden wir aber mehr und mehr Daten dazu haben, was wirklich hilft. Einige Studien sind schon im Gange. Über die Zeit werden wir also bessere Behandlungsmöglichkeiten haben und damit die Überlebenschancen der Infizierten verbessern können.

Bisher gibt es keine Medizin gegen das Coronavirus
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Grund 3: Wir brauchen Zeit zur Entwicklung eines Impfstoffes

Viren wie dieses Coronavirus können nicht einfach eliminiert werden. Genau wie zum Beispiel Erkältungsviren umgeben sie uns und verbreiten sich, wann immer sie einen Wirt finden, in dem sie sich vermehren und auf weitere Wirte ausbreiten.

Impfungen sind das wirksamste Mittel, um diese Verbreitung innerhalb einer Gesellschaft zu stoppen: Sobald genügend Menschen in der Gemeinschaft immunisiert sind, können diese das Virus selbst bekämpfen und dessen Vermehrung eindämmen. So finden die Viren keine neuen Wirte mehr und können sich so nicht mehr ausbreiten. Immer weniger Menschen werden krank. Die Gefahr für die Gesellschaft ist gebannt.

Für das SARS-CoV-2 Coronavirus gibt es noch keine Impfung – genauso wie wir keine Behandlung kennen – da es für uns neu ist. Deswegen braucht es Zeit, um diese Impfung zu entwickeln. Bis dahin sind die einzigen wirksamen Mittel um die Ausbreitung einzuschränken Social Distancing, regelmäßiges und gründliches Händewaschen sowie andere Hygieneregeln.

An einer Impfung gegen das Coronavirus wird geforscht, geben wir es sie wohl erst in 2021.
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Grund 4: Wir müssen diejenigen in Risikogruppen schützen

Viele von uns sehen im Coronavirus keine Bedrohung: Als junge, gesunde Menschen ohne eigene Erfahrung mit schlimmen Krankheiten ist es schwer vorstellbar, dass es uns treffen könnte. Und tatsächlich zeigen die Zahlen aus China, dass 80 % der an COVID-19 Verstorbenen 60 Jahre oder älter waren [3]. Das heißt aber nicht, dass junge Menschen nicht krank werden können – es ist für sie nur unwahrscheinlicher daran zu sterben. Am wichtigsten ist es, dass auch wir jungen und gesunden Menschen drinnen bleiben, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen: Auch wenn wir selbst nicht krank werden, können wir das Virus unter anderen verbreiten. Und diese könnten davon ernsthaft gefährdet werden.

In diesen schwierigen Zeiten ist es umso wichtiger, dass wir uns alle als Gemeinschaft verstehen und uns als solche verhalten: #WirBleibenZuhause! Melde dich bei deiner Familie und deinen Freunden telefonisch oder macht Videotelefonate. Lass sie wissen, wie es dir geht und helft euch gegenseitig, diese Situation zu verarbeiten. Wir stecken alle unter einer Decke und wir müssen dafür sorgen, dass die, die dort draussen täglich für uns kämpfen, die besten Erfolgschancen haben: Die Mediziner, die Leben retten; die Forscher, die an Medizin und Impfung arbeiten; die Erkrankten und die in Risikogruppen.

Wie geht es dir in dieser Situation? Kannst du im Homeoffice arbeiten? Wie bist du in deinem Leben von dem Virus betroffen? Teil deine Erfahrung im Kommentar oder meld dich über die anderen Kanäle. Und vor allem: Bleib gesund!

References:
[1] https://doi.org/10.1007/s00134-012-2627-8
[2] https://github.com/CSSEGISandData/COVID-19
[3] https://www.cdc.gov/mmwr/volumes/69/wr/mm6912e2.htm
[4] https://de.statista.com/infografik/21122/anzahl-der-betten-zur-intensivmedizinischen-versorgung-in-deutschland/
[5] https://www.mayoclinic.org/diseases-conditions/coronavirus/diagnosis-treatment/drc-20479976
[6] https://www.who.int/publications-detail/clinical-management-of-severe-acute-respiratory-infection-when-novel-coronavirus-(ncov)-infection-is-suspected
[7] https://www.elsevier.com/__data/assets/pdf_file/0007/988648/COVID-19-Drug-Therapy_Mar-2020.pdf

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