Sport in Zeiten des Coronavirus: Ist Laufen und Radfahren ein Infektionsrisiko?

Durch den Lockdown sind viele von uns nicht mehr in der Lage, ihrem üblichen Sportprogramm nachzugehen: Fitnessstudios sind weiter geschlossen, Mannschaftssportarten sind nicht möglich. Individualsport ist für die meisten die einzige Option, sei es Yoga oder Pilates auf der Yogamatte zu Hause oder die Bewegung im Freien durch Laufen oder Radfahren. Aber gerade für letzteres kann man sich fragen: Ist das gefährlich? Und ist es das Risiko wert?

Warum Sport gerade jetzt so wichtig ist

Sport ist generell vorteilhaft: Es hält uns fit und hat einen großen positiven Einfluss auf unsere körperliche Verfassung. Aber gerade jetzt ist der Einfluss auf unsere Psyche noch viel wichtiger: Nicht nur gibt uns der Sport eine gute Gelegenheit, mal wieder raus zu kommen (sofern das erlaubt ist). Bewegung an der frischen Luft tut nicht nur gut, sondern senkt den Stresslevel! Da wir uns alle Sorgen um unsere Gesundheit oder die unserer Freunde und Familie machen, oft auch um Geld und unsere Jobs, ist Stressreduktion gerade besonders hilfreich. Studien [1] zeigen deutlich, dass moderate Bewegung das zentrale Nervensystem sehr positiv beeinflusst: Das Niveau an Stresshormonen wie Adrenalin sinkt, und mehr noch: Serotonin wird freigesetzt, ein wahrer Gute-Laune-Lieferant – Sport macht glücklich!

Läuferin in Herbstlandschaft. Studien [1] zeigen deutlich, dass moderate Bewegung das zentrale Nervensystem sehr positiv beeinflusst: Das Niveau an Stresshormonen wie Adrenalin sinkt, und mehr noch: Serotonin wird freigesetzt, ein wahrer Gute-Laune-Lieferant - Sport macht glücklich!
Photo by Fil Mazzarino on Unsplash

Was sind die Infektionsrisiken beim Sport im Freien?

Das Coronavirus SARS-CoV-2, welches die COVID-19 Krankheit auslöst, verbreitet sich per Tröpfcheninfektion [2]. Das kann über die Berührung einer Oberfläche erfolgen, auf welcher eine infizierte Person Tröpfchen hinterlassen hat, oder durch das Einatmen von solchen Tröpfchen.

In Deutschland sind deswegen auch viele Freiluft-Sportstätten geschlossen, um das Infektionsrisiko durch Oberflächen zu reduzieren. Auch der Ratschlag, sein Gesicht nicht mehr zu berühren, zielt auf die Reduzierung dieses Infektionsrisikos ab, genauso wie das häufige Händewaschen.

Infizierte Tröpfchen einzuatmen ist aber im Gegensatz dazu wesentlich schwieriger zu vermeiden. Wenn eine erkrankte Person niest, hustet oder nur ausatmet, verbreitet sie Tröpfchen, in welchen das Virus enthalten sein kann. Das Social Distancing mit einem Abstand von 1.5 Metern soll dazu dienen, den ausgestoßenen Tröpfchen genug Platz zu geben, um auf den Boden zu sinken, ohne dass jemand sie direkt wieder einatmet. Zu beachten ist aber, dass dieser Abstand für stillstehende Menschen gilt: Wenn wir laufen oder Rad fahren, hat unsere Geschwindigkeit großen Einfluss auf die Aerodynamik der Tröpfchen!

Eine neue Studie [3] hat gezeigt, wie die Geschwindigkeit einer Person das Verhalten ihrer ausgestoßenen Tröpfchen in der Luft beeinflusst: Je schneller die Person läuft, umso mehr Meter weit verbreitet die Person Tröpfchen in der Luft, die andere wiederum einatmen könnten, wenn ihr Abstand zu gering ist.

Die Verbreitung von Tröpfchen zwischen zwei Läufern, die (a, b) hintereinander, (c) nebeneinander oder (d) versetzt hintereinanderlaufen. Durch die Geschwindigkeit des Läufers verbreiten sich die Tröpfchen meterweit in einatembarer Höhe. Die Position des zweiten Läufers relativ zum ersten hat daher großen Einfluss auf sein Infektionsrisiko. Direkt hintereinander zu laufen sollte vermieden werden, während nebeneinander ratsam ist. Bilder aus [3].
Die Verbreitung von Tröpfchen zwischen zwei Läufern, die (a, b) hintereinander, (c) nebeneinander oder (d) versetzt hintereinanderlaufen. Durch die Geschwindigkeit des Läufers verbreiten sich die Tröpfchen meterweit in einatembarer Höhe. Die Position des zweiten Läufers relativ zum ersten hat daher großen Einfluss auf sein Infektionsrisiko. Direkt hintereinander zu laufen sollte vermieden werden, während nebeneinander ratsam ist. Bilder aus [3].

Diese Simulationen legen nahe, dass die empfohlenen 1.5 Meter Abstand für sich bewegende Personen nicht ausreichen. Stattdessen empfehlen die Autoren der Studie eher 5 Meter für das Spazierengehen und 10 Meter beim Laufen – sowie das Vermeiden von Laufen im Windschatten.

Natürlich basiert diese Studie nur auf aerodynamischen Simulationen vom Tröpfchenflugverhalten und beweist nicht direkt das Infektionsrisiko auf mehreren Metern Abstand. Eine klinische Studie zum direkten Nachweis, dass die Infektion in diesen Bedingungen möglich ist, wäre aber unverantwortlich. Als Wissenschaftlerin weiß ich aber, wie gut Simulationen in gut verstandenen Systemen wie der Aerodynamik der Realität entsprechen. Wenn dem nicht so wäre, wäre es unmöglich, gigantische Objekte wie einen A380 flugfähig zu entwickeln. Daher halte ich diese Studie [3] für einen sehr relevanten Hinweis auf die Infektionsrisiken bewegter Personen.

Wie kann ich dann mein Infektionsrisiko draußen reduzieren?

Die Quintessenz aus all dem ist einfach: Wir sollten immer so viel Abstand halten wie möglich. Man kann es in ein paar Grundregeln verdeutlichen:

  • Halte immer den richtigen Abstand: Mindestens 1.5 Meter im Stillstand, 5 Meter beim Spazieren, 10 Meter beim Laufen.
  • Vermeide andere oder dich selbst Tröpfchen auszusetzen durch versetztes Laufen oder Gehen.
  • Vermeide das Anfassen von Oberflächen oder deinem Gesicht.
  • Benutze eine Gesichtsmarke, wenn das möglich ist. Beim Sport ist das schwierig, da es das Atmen erschwert, aber selbst ein dünner Stoff kann hier das Infektionsrisiko reduzieren und dich stets daran erinnern, dir nicht ins Gesicht zu fassen!
  • Mache möglichst da Sport, wo wenig Menschen sind.

Als Läuferin in einer Großstadt finde ich es in letzter Zeit besonders schwierig, immer den richtigsten Abstand einzuhalten, da meine Laufstrecken voller denn je sind. Daher suche ich mir derzeit neue Routen, wodurch ich auch meine vermehrte Freizeit interessanter gestalten kann. Wie hat sich deine Sportroutine durch die Corona-Krise verändert?

References:
[1] https://dx.doi.org/10.1186%2Fs40303-015-0010-8
[2] WHO/2019-nCoV/Sci_Brief/Transmission_modes/2020.2
[3] http://www.urbanphysics.net/COVID19_Aero_Paper.pdf

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Auf dieser Webseite werden Cookies verwendet (Datenschutzerklärung)

The cookie settings on this website are set to "allow cookies" to give you the best browsing experience possible. If you continue to use this website without changing your cookie settings or you click "Accept" below then you are consenting to this.

Schliessen