In letzter Zeit war es in meinem Blog überaus ruhig. In den ersten Monaten unserer neuen Zeitrechnung, “seit Corona”, war ich energisch und voller Optimismus: Es gibt da eine Krise, also müssen wir alle anpacken. Wir müssen jetzt zusammenhalten, um das zu überstehen, dann schaffen wir das schon. Für mich als passionierte Problemlöserin war es eine Herausforderung, der ich mich stellen wollte, Lösungen für das Problem zu finden.
Aber nun, nach mehr als einem halben Jahr von Lockdown, Einschränkungen und persönlichen Opfern, ist das Ende immer noch nicht in Sicht. Stattdessen gibt es weiter täglich schlechte Neuigkeiten, die an mir wie wohl auch vielen anderen zerren. In letzter Zeit wurde mir das alles zu viel und ich bin in eine depressive Phase gerutscht, weshalb ich mich auch nicht wohlgefühlt habe, hier weiter zu posten. Nun habe ich mich aber mit dem wissenschaftlichen Hintergrund, warum das eigentlich so an mir nagt, beschäftigt. Denn offenbar bin ich nicht die einzige, der es so geht:

Warum beeinflusst Corona die psychische Gesundheit?
Auch für die, die sich nicht angesteckt haben, birgt diese Situation einige Herausforderungen: Sie ist neu und bringt Unsicherheit. Das Infektionsrisiko, langfristige medizinische Folgen einer Ansteckung und auch wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen Sorgen, Unruhe und Angst mit sich. 53 % der Amerikaner berichten von negativen Folgen für ihre psychische Gesundheit im Juli 2020 [1]. Die Folge kann Stress sein, schlechter Schlaf, Drogenmissbrauch oder negative Folgen für die Essensgewohnheiten.
Das Infektionsrisiko jedes einzelnen oder seiner geliebten Menschen ist für die meisten eine der größten Sorgen. Gerade für die in Risikogruppen stellt dies eine besonders große Bedrohung dar. Aber auch die wirtschaftlichen Folgen wie Jobunsicherheit oder Einkommenseinbußen treffen sehr viele Menschen. Zudem werden einige Jobs, wie gerade die im medizinischen Bereich, immer schwieriger aufgrund der hohen Belastung durch die hohen Infektionszahlen sowie den Aufwand, den der Infektionsschutz mit sich bringt. Ohne ein Ende in Sicht ist die Situation besonders schwer zu ertragen.
Zudem sind alle gefragt, ihr normales Leben einzuschränken, denn das Social Distancing ist die wirksamste Waffe gegen die Verbreitung des Virus [2]. Kontakte zu reduzieren klingt vielleicht einfach, aber wir Menschen sind auch soziale Wesen. Für soziale Tiere zeigen Studien einen Rückgang der Energie und ein erhöhtes Risiko, gejagt zu werden, wenn sie ihre Geselligkeit einschränken [3]. Soziale Isolation betrifft uns Menschen genauso.
Mehr noch, Menschen zeigen nachweislich fremdenfeindliche Tendenzen in Situationen, in denen sie von einem Pathogen wie dem Coronavirus bedroht werden [3]: In Studien könnte gezeigt werden, dass Menschen gerade unter solchen Umständen besonders stark zwischen ihrem Umfeld und Außenstehenden unterscheiden. Um ihr Umfeld kümmern sie sich in diesen Situationen besonders, während sie sich von Außenstehenden isolieren. Genau das führt gerade weltweit zu Spannungen, die sich in Eskalationen wie immer wieder in den Straßen der USA in den letzten Monaten entladen.
Aber auch im eigenen Haushalt erzeugt die derzeitige Lage Stress auf einem ganz neuen Niveau: Durch den Lockdown hängen wir pausenlos aufeinander. Homeoffice mag ja gemütlich sein, aber es raubt uns der Interaktion mit anderen Menschen außerhalb des Hausstandes. Privatleben und Arbeit verschwimmen mehr und den Stress der Arbeit dringt in unsere Rückzugszone ein. Wenn auch noch die Kinderbetreuung das Arbeiten erschwert, kann das eine gefährliche Mischung werden. Das Resultat kann dann häusliche Gewalt sein: Eine von vier Frauen und einer von zehn Männern in den USA erlebt Gewalt durch den Partner [4].
Für Alleinlebende ist die Situation nicht einfacher: Sie sind stärker isoliert denn je. Gerade für die aus Risikogruppen ist es besonders kompliziert, da ihre Angehörigen für einen Besuch das Infektionsrisiko mit der Einsamkeit abwägen müssen. Es scheint hier keinen richtigen Weg zu geben.
Drogenmissbrauch wird von vielen als Ausweg aus diesem Alltagsstress genutzt: 13 % der Amerikaner berichten, seit COVID-19 begonnen zu haben, Drogen zu nehmen oder seither mehr zu nehmen [5]. Das verschlimmert die Gesamtsituation natürlich nur, weil die positiven Effekte sehr kurzlebig sind und die negativen, langfristigen nicht überwiegen. Also bleibt die einzige Frage:
Was können wir gegen den Stress durch COVID19 tun?
Das Wichtigste zunächst ist wahrzunehmen, dass deine Gefühle in dieser Situation absolut gerechtfertigt sind. Es ist völlig in Ordnung, wenn dich das stresst! Es hat mich auch einige Zeit gekostet zu verstehen, dass ich nicht erwarten kann, dass es mich kaltlässt, auch wenn weder ich, meine Familie noch meine Freunde sich bisher angesteckt haben. Es ist okay, verunsichert zu sein und sich bedroht zu fühlen. Und manchmal darf man auch einfach von all dem genervt sein!
Es gibt aber auch ein paar Dinge, die du tun kannst. Das wichtigste Mittel ist, sich zu öffnen und über seine Gefühle zu sprechen – vielleicht auch mit solchen, die nicht aus dem eigenen Haushalt sind. Dank modernster Technik haben wir ja genug Möglichkeiten, mit unseren Freunden zu sprechen und sie gar zu sehen. Sprich mit guten Freunden über deine Gefühle und Sorgen, deine Frustration oder Enttäuschung. Es wird ihnen nichts ausmachen und sie werden dir vielleicht sogar helfen können!
Besonders die synchrone Kommunikation, wie Zoom und Skype sie bieten, ist Studien zufolge das beste Kommunikationsmittel, was einer echten menschlichen Interaktion am nächsten kommt [3]. So können sie besonders denen helfen, die mit der sozialen Isolation zu kämpfen haben!
Social Media hingegen werden zwar als sozialer Weg zur Interaktion mit anderen beworben, bewirken aber in Studien eine gefühlt noch stärkere soziale Isolation [3]. Wenn du dich also eh angeschlagen fühlst, solltest du dir davon vielleicht mal eine Pause gönnen. Das mache ich in letzter Zeit auch.
Sport hingegen hat einen enormen, positiven Einfluss auf die Stimmung und kann eine Hilfe sein. Auch wenn die Fitnessstudios wieder schließen müssen, kannst du dir auf youtube zahlreiche Onlinekurse für Fitness im Wohnzimmer oder Yoga umsonst anschauen und ausprobieren. Yoga kann dabei besonders vorteilhaft zur Entspannung helfen. Für mich ist ein guter Lauf zum Austoben draußen immer enorm wirkungsvoll, den Kopf freizubekommen.
Aber auch gutes Essen oder ab und zu zu Naschen kann helfen. Seit dieser Pandemie bin ich absoluter Kuchenprofi und ein Stück davon kann mich immer aufmuntern. Andere Wege mit weniger Kalorien gibt es hier.
Ich suche noch immer nach dem Patentrezept, um mit dieser Situation klarzukommen. Aber ich erwarte es nicht mehr von mir selbst, dass das alles spurlos an mir vorübergeht: Wir alle sind in einer außergewöhnlichen und neuen Situation, mit der wir umgehen lernen müssen. Schritt für Schritt. Jeder gute Tag zählt. Wenn du Schwierigkeiten hast, dann hol dir bitte Hilfe: Öffne dich anderen gegenüber! Es ist okay, andere um Hilfe zu bitten, denn alleine ist es viel zu schwer. Und sei dir immer bewusst, dass deine Gefühle gerechtfertigt sind!
Was sind deine Strategien, mit der Situation klarzukommen? Teil sie hier und lasst uns uns gegenseitig unterstützen: Es bleibt das Wichtigste, dass wir gut miteinander umgehen, denn wir sind immer noch #inthistogether.
References:
[1] https://www.kff.org/coronavirus-covid-19/issue-brief/the-implications-of-covid-19-for-mental-health-and-substance-use/
[2] https://dx.doi.org/10.3201%2Feid1211.060255
[3] https://doi.org/10.1098/rspb.2020.1039
[4] https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMp2024046
[5] http://dx.doi.org/10.15585/mmwr.mm6932a1
Hi,
mutiges Bekenntnis und toller Post!
Ja, die Zeit ist für alle nicht einfach. Aber mit den Impfstoffen steht die Hoffnung ja in den Startlöchern. Wenn die Verteilung einmal angelaufen ist und die Produktionskapazitäen hochgefahren sind, wird das wieder!
Bewegung und frische Luft kann ich übrigens aus eigener Erfahrung zu 100% empfehlen.
Viele Grüße
Andreas
PS: Ich bin durch die Lockdowns Meister im Brötchen- und Brotbacken geworden. Dann können wir ja bald zusammen eine Bäckerei eröffnen 😉
Danke dir!
Ich bin dabei 😀 Mittlerweile schrecken mich selbst mehrstöckige Sahnetorten nicht mehr ab! Aber etwas mehr Übung könnte helfen, damit sie irgendwann auch mal ansehnlich werden 🙂